Grand Paris Sud
Observation des Territoriums
In der heutigen fragmentierten suburbanen Landschaft von Paris vermitteln einzelne Elemente nicht mehr die Bedeutung ihres grösseren Kontextes. Um die Verbindung zum Territorium wiederherzustellen und das vorhandene Potenzial zu nutzen, ist es erforderlich, über die eng gesetzten Grenzen des vorgegebenen Programms hinauszudenken und eine landschaftliche Herangehensweise zu entwickeln. Durch die Kombination eines geografischen Ansatzes – der eine Analyse der physischen und kulturellen Eigenschaften der Landschaft mittels kartografischer Verfahren beinhaltet – mit einer Beobachtung der Merkmale des Standort aus der Perspektive des Fussgängers – frei von vorgefassten Meinungen oder antizipierten Nutzungen – ergeben sich Hinweise für die Planung neuer Nutzungsprogramme und Verbindungen, um die Bedingungen für eine positive Entwicklung des Ortes zu schaffen.
Fährt man aus Paris in südöstlicher Richtung hinaus bis zum letzten Vorortring zwischen der Stadt und dem Tal der Seine, gelangt man zum Areal des ehemaligen Hippodrome d’Évry. Hier trifft die wuchernde Stadtlandschaft der Metropole auf das Hinterland. Auf den ersten Blick entspricht dieses Gebiet jeder anderen städtischen Peripherie mit ihrem charakteristischen Vokabular: Zäune, vorstädtische Einfamilienhaussiedlungen, Reklametafeln, Lagerhäuser, landwirtschaftliche Restflächen und verstreute Flecken ursprünglicher Landschaft. Diese im Territorium «schwimmenden» Elemente bilden ein Archipel aus isolierten Ereignissen, die weder zueinander noch zu ihrem weiter gefassten Kontext in Beziehung stehen. Hier dominieren Autos, und die Bewegungen verlaufen mit hoher Geschwindigkeit, sodass sich nur flüchtige Blicke auf die fragmentierte Landschaft erhaschen lassen.
Seit 2012 wurde eine Reihe von Projekten für den Standort in Auftrag gegeben, zunächst veranlasst durch Planungen für das neue Stadion des französischen Rugby-Verbands FFR, ein Vorhaben, das später aufgegeben wurde. Gefordert war ein systematischer Ansatz mit dem Fokus auf ein Immobilieninvestment; das Areal des ehemaligen Hippodroms wurde dabei als grosse, leere Fläche betrachtet, bereit für die Aufnahme eines neuen Nutzungsprogramms, über welches man das gesamte Projekt finanziert hätte. Die strategische Lage des Ortes als «Gelenk» zwischen der Stadt und ihrem Hinterland bot jedoch die Gelegenheit, neue Wege ins Auge zu fassen. Dabei wurde ein alternativer Umgang mit dem Gelände gesucht, der über die von den Investoren festgelegten Anforderungen hinsichtlich der Nutzung sowie die festgesetzten Grundstücksgrenzen hinausgeht. Den Standort des ehemaligen Hippodroms betrachtete man dabei weiterhin nur am Rande, während die detaillierten Beobachtungen und kartografischen Recherchen auf ein erweitertes Terrain angewendet wurden. Diese brachten dessen unbestreitbare Schönheit und Einzigartigkeit zum Vorschein. Der gewählte Ansatz, der die Landschaft in den Mittelpunkt des Interesses stellt, lässt ein Gebiet erkennen, das trotz der Zersiedelung immer noch von einer grossen Durchlässigkeit gekennzeichnet ist, mit unverbauten und produktiven Böden, und in dessen Zentrum die wichtigste territoriale Entität zu finden ist: der Bois de Saint-Eutrope.
Durch die Untersuchungen wurde deutlich, dass ausgehend von den besonderen Eigenschaften des Standorts, gekennzeichnet durch brachliegende und frei zugängliche Flächen sowie landwirtschaftlich genutztes Land, die Strategie und das Programm für das zukünftige Territorium zu entwickeln sind. In dieser scheinbar banalen Landschaft stecken einzigartige Qualitäten und das Potenzial, die Kohärenz innerhalb des Territoriums wiederzuentdecken.