Hagen-Haus, Nendeln

Hofstätte – Denkmal mit Garten

Details
Typus
Garten
Zeitraum
2021 - 2024
Status
Ongoing
Fläche
4 356 m²
Land
Liechtenstein

Kontext

Am Fuss einer Streuobstwiese, eines der letzten verbliebenden Äsungsgebiet für Hirsche in Liechtenstein, liegt die Hofstätte Hagen-Haus. Von dort nach Westen erschliesst sich der offene und weite Blick über das Rheintal, während sich nach Osten die Berglandschaft der Drei Schwestern erhebt. Die Freiraumgestaltung bettet das Gebäudeensemble in die landschaftliche Szenerie zwischen Ried und alpinem Hochgebirge ein.

 

Das klassizistische Doppelwohnhaus aus dem Jahr 1837 mit angrenzender grosser Scheune und Waschhaus und Schützenhäuschen wurde 1988 aufgrund seiner historischen und architektonischen Bedeutung unter Denkmalschutz gestellt. 

 

Nach den Plänen von Cukrowicz Nachbaur Architekten wurden die Gebäude revitalisiert und um einen Neubau ergänzt. Das Ensemble dient künftig als Campus «Hofstätte Hagenhaus» für die Musikakademie Liechtenstein.

Raumbildung

Die Raumbildung bedient sich dem Vokabular traditionell «ländlicher» Gärten. Der Vorgarten beim Hagen-Haus dient der Adressbildung und hat primär zierenden Charakter. Im Bauern- und Apfelgarten werden die jeweiligen Themen in eine konsequente und charakteristische Pflanzenverwendung übersetzt. 

 

Alle Gärten erfahren über Schnitthecken und Spaliere verschiedener Pflanzenarten eine klare Einfriedung, die den Gegensatz zwischen Aussen (der Landschaft) und Innen (dem Garten zur Nutzung um zum Aufenthalt für Bewohner*innen und Gäste des Campus) artikuliert. Im Übergang zur bestehenden Kulturlandschaft wird ein Weinberg als gärtnerisches Kulturgut angelegt. Neu gepflanzte Obstbäume erweitern die angrenzende und bestehende Streuobstwiese.

Terrassierung

Durch die Lage im Hang ergibt sich eine Höhendifferenz von drei Metern zwischen Strassenniveau und Hofplatz. Die Geländesprünge werden durch verschiedene bauliche Elemente möglichst subtil überbrückt und vermittelt. Der jeweilige Ausdruck und die geometrische Präzision, orientiert sich dabei immer an einem gedachten Gradienten von Landschaft zu Garten und damit einhergehend von extensiver zu intensiver Gestaltung.

 

Im Übergang zur Kulturlandschaft bildet eine Natursteintrockenmauer eine Terrasse für den Wingert. Sie ist nach alter Handwerkskunst und aus vor Ort gefundenen Steinen in sehr unterschiedlichen Grössen hergestellt. Entlang der Strasse wird der Gelände Versprung durch eine neue Betonmauer mit rauer gestockter Oberfläche vermittelt. Sie ist Einfriedung des Gartens und repräsentatives Element zugleich. Die Berankung aus verschiedenen Clematis- und Rosensorten setzt den zierenden Charakter des Vorgartens thematisch fort und bildet einen räumlichen Abschluss zur vielbefahrenen Feldkircher Strasse.

 

Die Freitreppen ermöglichen die komfortable Erschliessung der verschiedenen Gartenebenen. Die Stufen sind als Stell- und Legstufen ausgeführt. Zwischen Hagen-Haus und Musikhaus werden die Legstufen partiell durch eine Passé-Pflästerung ersetzt. Die Treppen sind bewusst abgestimmt auf den Massstab des Gartens und fügen sich proportional und stimmig in das Gebäudeensemble ein. Sie wirken durch die Bauweise filigran und sind komfortabel begehbar.

 

Bodenbelag

Die Materialisierung der Treppen zieht sich in der Passe-Pflästerung fort. Hierfür wurde Schwarzachtobler Sandstein verwendet. Er verbindet als «Campusboden» die unterschiedlichen Gebäude miteinander und schafft eine einheitliche und barrierefreie Belagsfläche, Asphalt und Schotterrasen bilden den «Verkehrsboden» und dienen primär der Erschliessung für motorisierten Individualverkehr. Der Kiesbelag als «Gartenboden» bildet eine freiere und begehbare Fläche um die Rabatten.

Schöpfbrunnen

Historisch war das Waschhaus mit dem Schöpfbrunnen funktional verbunden. Zwischenzeitlich war der Brunnen mit einem Betondeckel ebenerdig verschlossen und die historisch begründete Beziehung von Gebäude und Freiraum an dieser Stelle negiert. Das Waschhaus wird zukünftig als Wohnraum genutzt und eine Nutzung des Schöpfbrunnens gemäss historischem Vorbild somit obsolet. 

 

Im Sinne der Erinnerung und Sichtbarmachung der historischen Wechselbeziehungen zwischen Gebäudeensemble und Freiraum wurde der Schöpfbrunnen geöffnet und teilweise wiederhergestellt. Ein gestockter Brunnenring aus Schwarzachtobler Sandstein mit einem Gussrost als Abdeckung verortet das alte Gemäuer des Brunnens im Hofplatz. Durch seine Extrusion über das Niveau der Pflästerung, tritt der Schöpfbrunnen nun wieder raumwirksam in Erscheinung. Der Ort wird damit um ein wertvolles Gestaltelement angereichert und die Geschichte des Ensembles bleibt auch anhand dieses Reliktes präsent.