Lohsepark, Hamburg

Das kollektive Gedächtnis der Stadt

Details
Kunden
Hafencity Hamburg GmbH, Hamburg
Typus
Park
Entwurf
2010 - 2014
Realisierung
2015 - 2017
Status
Realised
Fläche
47 000 m²
Land
Deutschland

Die Stadt Hamburg verfügt über eine reiche Tradition und viele Anlagen der Volksparkbewegung. Zahlreiche Quartiere des beginnenden 20. Jahrhunderts sind noch heute deutlich zu erkennen, geprägt durch die Reformideen für mehr Licht, Luft, Bewegung und Bildung für die Bevölkerung. In «Kinderwagendistanz » sollte nach Alfred Lichtwark, einem der Förderer der Reformbewegung der Hamburger Gartenkunst, jedem Einwohner öffentliches Grün zur Verfügung stehen. Diese Tradition ist Teil des kollektiven Gedächtnisses der Stadt, welches sowohl die Baukultur als auch die Erwartungen und Nutzungsgewohnheiten der Bevölkerung bis heute bestimmt. Das Grundmotiv vieler Anlagen ist eine durch Wald oder Schrebergärten gerahmte offene Mitte: die Volkswiese. Der Lohsepark führt in seiner Grundkomposition die Tradition der Volksparkbewegung weiter und wurde, wie der Hamburger Stadtpark oder der Altonaer Volkspark, «vor den Toren der Stadt» mit Blick auf die erwartete Stadtentwicklung angelegt.

 

Von Wasser zu Wasser

Dreht sich die Besucherin oder der Besucher in der Mitte des Lohseparks um 360 Grad, wird die räumliche Qualität des Areals erkennbar: An beiden Enden öffnet sich die lang gezogene Achse der Freifläche auf ein Hafenbecken und bringt Licht, Luft und Sonne in das Innere des Parks. Die für den Typus des Volksparks traditionelle Schwelle aus Schrebergärten oder Baumkulissen - aus Platzgründen an diesem Ort nicht realisierbar - wurde durch einen Geländesprung ersetzt. Dieser steht neben der Blickachse von Wasser zu Wasser stellvertretend für das zweite Grundmotiv des Parks: die Staffelung in drei Höhen- und Bedeutungsebenen, die nicht nur Hochwasserschutzfunktionen übernehmen, sondern auch die Geschichte des Ortes würdigen und die räumlichen und programmatischen Anforderungen des neuen Quartiers erfüllen. Die Schichten der Stadt bleiben dabei lesbar.

 

Die Stadtebene

Der Hauptzugang führt über bepflanzte Terrassen, die sich wie Bastionen als gefasste Landmarken in den Park hineinschieben. Räumlich Teil der Anlage, vermitteln sie zwischen den gebauten Strukturen der Stadt und dem eigentlichen Freiraum. Der wabenförmige Klinker, aus dem die Stütz- und Brüstungsmauern der Terrassen gebaut sind, wurde in einem langen Prozess eigens für das Projekt entwickelt. Er verankert den Ort in der Hamburger Bautradition und bricht durch seine gefaltete Form und die Perforation den monolithischen Charakter der ansonsten massiven Mauer.

 

Die Parkebene

Der Lohsepark mit seinen grosszügigen Spiel- und Liegewiesen bleibt 1,5 Meter unter dem Niveau der Strassenräume und der Promenaden und wird eingefasst von einer reichhaltigen Sammlung vertraut erscheinender Gehölze. Eingebettet in den Park finden sich besondere Orte: die sogenannten Follies. Ein kleines Wäldchen offenbart skurril gewachsene Hainbuchen, ein Stück umzäunter «Wildnis» zeigt die langfristige Entwicklung eines Landschaftsfragments ohne menschlichen Eingriff, und die Grotte schafft mit der Schichtung aus gestampftem Beton und verschiedenen Einschlüssen wie Kies, Torf, aber auch Glas einen aussergewöhnlichen Raum für Kinder; sie ist eine Ergänzung zu den übrigen Spielmöglichkeiten im Park.

 

Die historische Ebene - Memorial

Noch tiefer, durch einen weiteren Höhensprung präzise abgegrenzt, liegen die historischen Anlagen: Die baulichen Reste des Hannoverschen Bahnhofs haben eine eigene visuelle Sprache und erzählen von der Vergangenheit des Ortes, der im Zweiten Weltkrieg zentraler Ausgangspunkt der Deportation von Juden, Sinti und Roma war. Wie eine tiefere geologische Schicht liegt die Anlage einen Meter unterhalb des Parkniveaus und bis zu drei Meter unter der Stadtebene.

© Giuseppe Micciché

© Franziska Husung / HafenCity Hamburg GmbH